Das in den frühen 30er Jahren entstandene filmische Werk der konstruktivistischen Malerin, Collagistin und Fotografin Ella Bergmann-Michel (1895-1971) darf seit seiner Wiederentdeckung in den 80er Jahren und trotz seines schmalen Umfangs als gewichtiger Beitrag zur nationalen wie internationalen Dokumentarfilm-Avantgarde gelten. Teils als Auftragsarbeiten, teils im privaten Zusammenhang entstanden, verbinden sich in den Filmen Ella Bergmann-Michels konstruktivistische Elemente aus Film, Architektur, Fotografie und Malerei mit dem sozialen Engagement eines kompromißlosen dokumentarischen Blicks, dessen Interesse, angeregt durch Joris Ivens und Dziga Vertow, den Momenten ‚überrumpelten Lebens‘, der Konfrontation des Einzelnen mit Situationen des wirtschaftlichen wie ästhetischen Umbruchs gilt: ‚Neues Wohnen‘ und alte Menschen in WO WOHNEN ALTE LEUTE?(1932); Arbeitslosigkeit und Solidarität in ERWERBSLOSE KOCHEN FÜR ERWERBSLOSE (1932) und ihrem formal avanciertesten Projekt FLIEGENDE HÄNDLER (1932), Wahlkampf und gesellschaftliche Polarisierung (LETZTE WAHL, 1932/33). In diesem stets politischen Sinne ist FISCHFANG IN DER RHÖN (1932) als Andeutung jenes Rückzugs in die ‘Unterwasserwelt’ des Privaten zu verstehen, in der Ella Bergmann-Michel die Jahre des Nationalsozialismus überdauerte. Ergänzend zu den Filmen von Ella Bergmann-Michel zeigen wir das Filmportät MEIN HERZ SCHLÄGT BLAU (Maria Hemmleb, Jutta Hercher, 1989), in dem neben zahlreichen Selbstaussagen der Künstlerin auch die Erinnerungen ihres Sohnes Hans überliefert sind.
WO WOHNEN ALTE LEUTE? (D 1932)
ERWERBSLOSE KOCHEN FÜR ERWERBSLOSE (D 1932)
FLIEGENDE HÄNDLER (D 1932)
MEIN HERZ SCHLÄGT BLAU – ELLA BERGMANN-MICHEL (BRD 1989)
Kopien: die thede e.V., Hamburg
3. April 1998, Arsenal