Er nannte sich Hohenstein. Aus dem Tagebuch eines deutschen Amtskommissars im besetzten Polen 1940 bis 42 (D 1994, R: Hans-Dieter Grabe, 89’)
Im Januar wird weltweit der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz und den Opfern des Holocaust gedacht. In diesem „FilmDokument“ stellen wir MIT ER NANNTE SICH HOHENSTEIN. AUS DEM TAGEBUCH EINES DEUTSCHEN AMTSKOMMISSARS IM BESETZTEN POLEN 1940-1942 (1994) einen Film vor, der in den frühen 1990er Jahren für eine Fernsehausstrahlung die Kinotradition für den damals noch selbstverständlichen Programmplatz des großen Dokumentarfilms fortsetzen durfte. Zwar mag die Tatsache, dass es sich um eine Fernsehproduktion, die mit vielen wichtigen Preisen geehrte wurde, darauf hindeuten, dass es sich hier eher um das bekannte denn das unbekannte Filmerbe handelt – doch wer kennt heute noch einen der großen Dokumentarfilme, die das ZDF in den 1990er Jahren in Auftrag gab?
Hans Dieter Grabe hat in diesem Film Tagebuchaufzeichnungen eines Mannes, der sich nach dem Überfall aus Polen als Bürgermeister in die besetzten Gebiete/Polen bewarb, zur Grundlage für einen „Nachdenk-Film“ genommen. Er schildert an Hand des Tagebuches, in dem sich der Amtskommissar das Pseudonym „Alexander Hohenstein“ gegeben hatte, den vielschichtigen und widersprüchlichen Charakter eines Bürgermeisters im besetzten Polen. Obwohl Grabe nach einer gründlichen Recherche alle Pseudonyme entschlüsselt hatte, durfte er wegen der rechtskräftigen Auflage der Familie nur mit dem Pseudonym arbeiten, konnte aber historische Fotos und 8mm-Materialien nutzen. In der Kombination von historischem und neugedrehtem Material mit Auszügen aus dem Tagebuch entsteht das Bild eines Mannes, der für 17 Monate Bürgermeister von Poddembice war und zum Teil erstaunliche Zivilcourage zeigte. Mit sparsamen Mitteln gelang es Grabe am Beispiel des weitgehend unbekannten Poddembice darzustellen, was damals in ganz Polen Besatzungsalltag war.
ER NANNTE SICH HOHENSTEIN. AUS DEM TAGEBUCH EINES DEUTSCHEN AMTSKOMMISSARS IM BESETZTEN POLEN 1940-1942 wurde unter anderem mit dem Friedensfilmpreis der Berlinale und dem Grimme-Preis ausgezeichnet.
Einführung: Kerstin Stutterheim (CineGraph Babelsberg)
Kopie: Privat (DigiBeta)
10. Januar 2011, Kino Arsenal, 19.00 Uhr