03.12.2021, 18:30 Uhr im Zeughauskino.
Das österreichische Kriminalfilmgenre bedurfte in den 1960er Jahren einer neu justierten Ermittler-Figur, deren Polizeiarbeit sich als Kommentar zu den sozialen Verwerfungen verstehen und die sich selbst sich als kleinbürgerlicher primus inter pares entlarven sollte. Die Popularisierung des Fernsehens bot ab 1963 Fritz Eckhardt als Oberinspektor Marek die Gelegenheit, den Entwurf des launisch-autoritären Großstadtgrantlers, in dem man vertraute Befindlichkeiten wiederentdecken konnte, in einer Krimireihe auszuprobieren. Auf der Kinoleinwand gab zwei Jahre zuvor der bekannte Kabarettist Helmut Qualtinger sein Ermittler-Debüt als Inspektor Radosch in dem Krimi Mann im Schatten.
Die zunächst milde Dosis raunziger Kommentare entwickelte sich 1967 in Michael Kehlmanns Kurzer Prozeß zu dem komplexen Charakter einer Figur, die zum Prototyp einer langen Reihe von schrägen Polizisten und Detektiven wurde. Dieser Bezirksinspektor Pokorny ist deprimiert und trinkt. Er ist aus Wien strafversetzt in die oberösterreichische Provinz. Seine Tragik und seine Rebellion hat nichts mit der Logik eines Maigret oder der Kombinationsgabe eines Sherlock Holmes zu tun. „Ich habe keine Kinder, ich habe keine Frau mehr, die Karriere ist auch im Arsch, dazu dieses miese Kaff.“ Aber man täusche sich nicht. Trotz dieser Perspektivlosigkeit ist Qualtingers Bezirksinspektor eine personifizierte Kampfansage gegen die bedrückende Enge der Provinz mit ihrer latenten Brutalität.
Einführung: Christoph Fuchs