06.01.2006, im Zeughauskino.
Mitte der 60er Jahre, Sommer in West-Berlin. Eine junge Frau kommt zum ersten Mal in die Stadt, verdreht mehreren Männern den Kopf, arbeitet als Fotomodel, läßt sich treiben, lebenshungrig, neugierig und unbekümmert. Die Männer begehren sie, doch entscheiden kann und will sie sich nicht. Sie ist launisch, sie spielt und provoziert. Als sie bei Fotoaufnahmen an der Berliner Mauer posiert und dafür böse Blicke erntet, erwidert sie gereizt: „Gebt doch nicht so an mit Eurer Mauer.“ West-Berlin definiert sich in diesem Film nicht über seine Vergangenheit und die Gegenwart der Teilung, sondern über die Konkurrenz mit Rom und Paris, über Optimismus und amerikanischen Lebensstil und auch über die Freiheit zum kultivierten Nichtstun. Playgirl präsentiert die Momentaufnahme einer Stadt, stylish fotografiert und getragen von einer beschwingten, jazzigen Filmmusik von Peter Thomas, gespielt von Klaus Doldinger und Paul Kuhn. Auf kongeniale Weise verkörpert der Star, die damals erst zwanzigjährige, im August 2005 gestorbene Eva Renzi den Abschied von gestern. Der Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Will Tremper (1928-1998) betätigt sich hier als wahrer Vertreter des Autorenfilms, der aus seiner Zeit als Sensationsreporter allerdings auch einen klaren Sinn für das kommerziell Machbare und das Triviale, für Mode und Äußerlichkeiten mitbrachte. Dennoch, oder vielleicht gerade deswegen, gelingt es Tremper mit Playgirl, dem deutschen Kino den Charme der Nouvelle Vague zu erschließen. Seinen unverbrauchten Blick hat sich Playgirl auch 40 Jahre nach seiner Premiere erhalten.
Einführung: Philipp Stiasny