Hundert Tage (D / I 1935 R: Franz Wenzler, B: Karl Vollmoeller, Franz Wenzler, nach dem Theaterstück von Giovacchino Forzano und Benito Mussolini, D: Werner Krauß, Gustav Gründgens, Kurt Junker, Eduard von Winterstein, 90′)
26. Februar 1815: Napoleon schifft sich mit 1000 Mann ein und verlässt das ihm auferlegte Exil auf Elba – der Beginn der „Herrschaft der Hundert Tage“. Mit seinem Marsch auf Paris lehnt sich Frankreichs ehemaliger Kaiser gegen die Auflagen des Wiener Kongresses auf. Der Kampf eines aufrechten Mannes (Werner Krauß) gegen das endlose Debattieren der verschlagenen Diplomaten um Fouché (Gustav Gründgens in einer Paraderolle): So inszeniert Franz Wenzler die Bühnenvorlage aus der Feder des italienischen Opernlibrettisten Giovacchino Forzano und des Staatschefs Benito Mussolinis. HUNDERT TAGE und die von Forzano gleichzeitig realisierte italienische Version CAMPO DI MAGGIO sind das interessante Beispiel einer Zusammenarbeit zwischen dem faschistischen Italien und dem nationalsozialistischen Deutschland. In beiden Filmen liegen die Parallelen zwischen inszenierter Geschichte und aktuellem Geschehen auf der Hand: vom Marsch auf Paris, der in die Nähe von Mussolinis Marsch auf Rom im Oktober 1922 gesetzt wird, über die Verachtung des Wiener Kongresses und das Ignorieren des Völkerbundes durch Italien beim Angriff auf Äthiopien im selben Jahr bis zu Napoleon, der in der deutschen und italienischen Version als die Führerpersönlichkeit schlechthin erscheint. Die Verkörperung Napoleons durch Werner Krauß schlägt dabei den Bogen zu Preußenfilmen der Weimarer Republik wie NAPOLEON AUF ST. HELENA (1929) von Lupu Pick oder YORCK (1931) von Gustav Ucicky. HUNDERT TAGE steht somit in einer Linie mit früheren und späteren Filmen über heroische Einzelgänger, die den Führerkult zurück in die Vergangenheit spiegeln, um einer gegenwärtigen Politik Legitimität zu verschaffen.
Kopie: Bundesarchiv-Filmarchiv
Einführung: Fabian Tietke
Am 2. April 2010, 19.00 Uhr, im Zeughauskino