Blutiger Freitag (BRD/I 1972, R/B: Rolf Olsen, Special Effects: Karl Baumgartner, D: Raimund Harmstorf, Gila von Weitershausen, Amadeus August, Gianni Macchia, Christine Böhm, 97′ 35 mm)
In der deutschen Kriminalgeschichte war der Überfall auf die Deutsche Bank in der Münchner Prinzregentenstraße im August 1971 ein Novum. Erstmals wurden Geiseln genommen und ein hohes Lösegeld gefordert. Der Großeinsatz der Polizei endete mit dem Tod einer Geisel und eines Geiselnehmers im Kugelhagel. Tausende Schaulustige sahen zu. Bereits im Frühjahr 1972 war diese Geschichte auch im Kino zu besichtigen, fiktional verfremdet, grell aufpoliert und mit klassenkämpferischen Parolen garniert. Ein Gangsterfilm voller brachialer Action, wie es ihn in der Bundesrepublik noch nicht gegeben hatte.
Raimund Harmstorf, gerade berühmt geworden als „Der Seewolf“, spielt den brutalen Anführer einer Bande von Desperados, zu der noch ein Bundeswehr-Deserteur und ein italienischer Gastarbeiter zählen. Ihre Wut auf die bürgerliche Gesellschaft und ihre kleinkarierten Vorstellungen von Anstand und Ordnung münden in einem Rausch der Zerstörung, der sie am Ende selbst hinwegrafft. „Ein freundlicher, kugelrunder Österreicher, ein Schlitzohr von clownesker Skurrilität“, so beschrieb der Tagesspiegel den immens produktiven Regisseur Rolf Olsen (1919-1998), der neben Komödien damals auch schon mehrere harte Krimis gedreht hatte. Während Olsen heute in den gängigen filmgeschichtlichen Darstellungen nirgendwo auftaucht, gehört er für Dominik Graf zu jenen bewundernswerten Regie-Ekstatikern wie Alfred Vohrer, Zbyněk Brynych und Klaus Lemke, deren Filme ins Reich des Verbotenen eintauchten und deren Trivialität, Schmutzigkeit und Lustbetontheit heute so sehr fehlt. Blutiger Freitag ist das Vermächtnis eines untergegangenen Kinokontinents. (ps)
Einführung: Thomas Groh, Philipp Stiasny
Am 1.2.2013 um 21.00 Uhr im Zeughauskino des Deutschen Historischen Museums