01.09.2023, 18:00 Uhr und 04.09.2023, 19:00 Uhr im Pei-Bau des Deutschen Historischen Museums.
Hans Zerletts Reise in die Vergangenheit entstand nach dem Vorbild von Julien Duviviers Un Carnet de bal, der 1937 in Venedig als bester ausländischer Film prämiert wurde. Sehr zum Missbehagen von Goebbels, der das Werk in seinem Tagebuch als „Verfallskunst tollster Art“ (18.11.1937) bezeichnete. Erzählt wird die Geschichte einer Witwe in besten Jahren, die in einer nostalgischen Anwandlung ihre Tanzpartner aus Jugendtagen aufsucht und dabei lauter Enttäuschungen erlebt: Keiner ihrer früheren Verehrer entspricht dem verklärten Bild ihrer Erinnerung.
Zerlett strafft in seinem Remake die Handlung, stellt der Protagonistin (Olga Tschechowa) eine erwachsene Tochter (Margot Hielscher) zur Seite und reduziert die Anzahl der beteiligten Männer von sieben auf drei. Dies verschafft Reise in die Vergangenheit eine größere dramaturgische Stringenz. Der Film entstand von Dezember 1942 bis Februar 1943, just in jenen Monaten, die den Untergang der 6. Armee von Stalingrad besiegelten. Die denkwürdige Entstehungszeit des Films scheint sich in seiner elegischen Grundstimmung widerzuspiegeln. Seinem Vorbild folgend ist Reise in die Vergangenheit vom poetischen Realismus Frankreichs geprägt. Dies zeigt sich besonders in der tragischen Schlüsselepisode des Films mit Ferdinand Marian. Zerlett gelingt hier ein Tableau beklemmenden menschlichen Elends, das im Film der NS-Zeit seines gleichen sucht.
Einführung am 01.09.: Friedemann Beyer