DER GOLEM. WIE ER IN DIE WELT KAM. Bilder aus einer alten Chronik erdacht und ins Werk gesetzt von Paul Wegener (1920) (Top 100, Platz 16)
Restaurierung 1.2000: Cineteca del Comune di Bologna in Zusammenarbeit mit Cineteca Italiana di Milano und dem Filmmuseum München, mit Unterstützung des Lumière Media Programms der EU
Kurzbericht: Die Restaurierung „basiert im wesentlichen auf einer Kopie, die das Museum of Modern Art in New York 1936 von der Ufa aus Berlin bekam. Der Haupttitel hat sich in dieser Kopie erhalten. 16 Zwischentitel und sechs Inserts wurden von Filmmuseum München originalgetreu nach einer von Gosfilmofond in Moskau verwahrten Kopie restauriert. Der Text der übrigen – im Original nicht überlieferten – Zwischentitel orientiert sich an einer Zensurkarte von 1931, der des Vorspanns am Programm zur Uraufführung 1920 im Berliner Ufa-Palast am Zoo. Die Färbung basiert auf einer in der Cineteca Italiana Mailand erhaltenen viragierten Kopie der italienischen Fassung. Die Kopierarbeiten wurden von der Cineteca del Comune di Bologna durchgeführt.“ (Filmvorspann)
Kopie: 35mm, 1953,5 m (= ca. 95’30“, bei vorgeschlagenen 18 Bilder pro Sekunde) / Originallänge: 1922 m (Zensur 1920), 1764 m (Zensur 1931), 1961 m (fsk 1995)
Kopierwerk: L’Immagine Ritrovata, Bologna
TV-Sendungen: Arte, 28.2.2002 (angekündigt als „Welturaufführung“)
Anmerkung: Ab 1989 werden Vorstufen dieser Restaurierung gezeigt, etwa im Dezember 1989 im Filmmuseum München, wo DER GOLEM „in einer neuen Kopie des Museums of Modern Art in New York“ (Süddeutsche Zeitung, 11.12.1989) läuft. Am 29.6.1990 begleitet Ulrich Rügner die Aufführung einer rekonstruierten Kopie im Kommunalen Kino Frankfurt am Main und legt dabei die ursprüngliche Musik von Hans Landsberger zu Grunde (Frankfurter Rundschau, 21.6.1990). Im Rahmen des Lumière-Projekts war auch eine Komposition von Marco Dalpane auf Grundlage der überlieferten Fragmente von Landsbergers Musik vorgesehen.
Info: http://www.murnau-stiftung.de/de/03-01-00-restauration-1.html
Literatur: Catherine Surowiec: The Lumière Project. The European Film Archives at the Crossroads. Lissabon 1996, S. 243.
DER GOLEM. Masterworks of the Horror Cinema. Dark Vision, DVD 4508 (Cult Classic), 2001. Pal-Region FREE, black&white, Running time: approx. 64’
Die britische DVD (gemessene Laufzeit: knapp 68’) bringt eine Schwarz-Weiß-Fassung von DER GOLEM mit englischen Zwischentiteln. Während diese Titel nicht zeitgenössisch sind, stammt der deutsche Haupttitel aus der Originalfassung; er findet sich so auch auf der Transit-DVD von 2004 (siehe unten).
Leider ist die Bildqualität schwach, die Kopie ist stark überstrahlt; helle Flächen wirken wie ausgestanzt, was insbesondere bei Gesichtern stört. Auf welcher Kopie diese DVD beruht, wird nicht mitgeteilt, auch der Komponist und die Ausführende der Begleitmusik werden verschwiegen.
Info: http://www.silentera.com/DVD/golemDVD.html (hier wird noch auf weitere DVD-Ausgaben hingewiesen)
Paul Wegeners DER GOLEM. Restaurierte Fassung mit neuer Musik. Transit Classics – Deluxe Edition, 15.3.2004. DVD 4899. Pal, Untertitel und Menüs: Deutsch und Englisch, Dolby Digital 2.0 Stereo, Länge: ca. 84’
Bei EUREKA (DVD EKA 40065) bereits am 22.9.2003 erschienen.
Die DVD bringt die Restaurierung 1.2000, ergänzt um „zusätzliche optische Verbesserungen wie digitale Bildstabilisierung, Kornunterdrückung und Retuschen von starken Kratzern und anderen Beschädigungen.“ (Booklet)
Sowohl im Filmvorspann als auch im Booklet finden sich die Grunddaten zur Restaurierung; darüber hinausgehende Informationen werden auf der DVD leider nicht mitgeteilt. Das ist schade, da auch die DVD-Edition die Überstrahlungen der restaurierten Fassung nicht verbessern kann. Wüsste man, dass derzeit keine bessere Kopie vorhanden ist, wäre die mangelhafte Bildqualität wohl zu verschmerzen.
So wundert man sich, dass 1936 die Ufa eine derart schlechte Kopie in die USA verkaufte, und dass eine 1995 in der Cineteca Italiana gefundene viragierte Nitrokopie, die „vom Kameranegativ des Films zur Zeit seiner ersten Kinoauswertung Anfang der 20er Jahre gezogen worden war“ (Booklet), nur als Vorlage für die Viragen diente – ist sie so schlecht überliefert?
Auch aus einer Kopie des Gosfilmofond wurden nur Zwischentitel und Inserts übernommen, aber kein Bildmaterial: warum, wird nicht mitgeteilt.
Die neue Musik, die den Film trägt, stammt von Aljoscha Zimmermann & Ensemble. Auf die sinfonische Originalmusik von 1920, komponiert von Hans Landsberger – auf der DVD-Box heißt er Hans Landsberg – wird leider nicht eingegangen. Dabei sind zumindest die wichtigsten Themen der Golem-Musik überliefert; sie wurden seinerzeit im Illustrierten Film-Kurier (Nr. 32, Jg. 1920) abgedruckt.
Die Bildergalerie bringt Standfotos aus dem Film sowie Illustrationen von Steiner-Prag aus Gustav Meyrinks Golem-Buch von 1915 sowie amerikanisches Werbematerial: All diese Bilder konnten offenbar erst im letztem Augenblick aus dem Feuer gerettet werden, denn sowohl das Album als auch die Fotos sehen arg mitgenommen aus, an den Rändern bröckelt das verbrannte Papier ab…
Bei der DVD „handelt es sich um eine Adaption von Eureka Video, d.h. die Gestaltung der DVD wurde von dieser englischen Firma produziert.“ (Pressemitteilung der Transit Film). Sie enthält noch eine Dokumentation des Filmhistorikers R. Dixon Smith „Das Königreich der Geister – Paul Wegeners DER GOLEM und die expressionistische Tradition“.
Die englische Fassung von DER GOLEM verzichtet übrigens auf Hinweise zur Restaurierung; sie enthält auch vollständig neu gestaltete Titel und Inserts: „Imitation of the original German hand-lettered typography has been intentionally avoided.“ Der Vorspann wurde augenscheinlich mit Hilfe eines entsprechenden Programms auf „alt“ (Laufstreifen, grobes Korn) getrimmt; statt Hans Landsberger bekommt nun Aljoscha Zimmermann den Credit für die Musik – im gleichen Schriftlayout wie alle anderen Titel. Bald werden sich wohl auch die „Filmbearbeiter“ digital in restaurierte Kopien einschleichen…