Der deutsche Märchenfilm hat eine nunmehr hundertjährige Tradition. Einer der wichtigsten Akteure der ersten Adaptionswelle archaisch vormoderner Stoffe aus der Märchenwelt war der Schauspieler Paul Wegener. 1916, wenige Wochen vor der Premiere von Rübezahls Hochzeit, hielt Wegener in der Berliner Singakademie einen programmatischen Vortrag über Neue Kinoziele: In den Filmen, die er anstrebe, versuche er „das Ineinanderfließen von Fantasiewelten vergangener Jahrhunderte mit gegenwärtigem Leben“, das im Kinobild wie gegenwärtig aufscheint und dadurch große Emotionen auszulösen vermag.
1916/17 drehte Wegener neben Rübezahls Hochzeit mit Hans Trutz im Schlaraffenland (1917) und Der Rattenfänger von Hameln (1918) gleich drei Filme, in denen er Motive aus der deutschen Märchen- und Sagenwelt in die Gegenwart transponierte, die von einem fürchterlichen Weltkrieg bestimmt war. Davon spürt man in der naiven Geschichte des verliebten Rübezahls, der eine Elfe mit allen Mitteln der Täuschung und Verstellung erobern will, nichts. Stattdessen bemüht Wegener das ganze Arsenal filmischer Tricks. Die beschwingte Leichtigkeit des Films, etwa im Elfenreigen, der im Hellerauer Schlosspark aufgenommen wurde, erinnert vielmehr an das zeitgenössische Theater.
Am Flügel: Peter Gotthardt, Einführung: Jürgen Kasten
Am Freitag, den 3. August 2018, um 20:00 Uhr im Zeughauskino