Wer vom deutsch-jüdischen Filmschaffen in der Weimarer Republik spricht, kommt um dessen gewaltsames Ende nach 1933 nicht herum – um das Arbeitsverbot unter den Nationalsozialisten, Bedrohung und Verfolgung, Emigration und Vernichtung. Der heute nur noch wenig bekannte Regisseur Ludwig Berger, 1892 in Mainz als Ludwig Bamberger geboren, gehörte zu den Größen des Weimarer Kinos und stand wegen seiner erzählerischen Eleganz und seines visuellen Witzes zeitweilig auf einer Stufe mit Fritz Lang und Friedrich Wilhelm Murnau. In seinem letzten großen UFA-Film, Walzerkrieg, taucht Berger noch einmal ein in jenes Milieu, dem er seine schönsten Werke verdankt: Wien, der Walzer und die Weltgeschichte sind die Zutaten eines virtuosen Musikfilms, der die Rivalität der beiden Komponisten Joseph Lanner und Johann Strauß schildert und diese kunstvoll mit gleich zwei Liebesgeschichten kontrastiert – der von Katti, der Leiterin einer Frauenkapelle, und jener von Victoria, der englischen Königin.
Der mit Renate Müller und Willy Fritsch hervorragend besetzte Film entstand im Sommer 1933 in Neubabelsberg, als bereits fast alle Juden aus der Filmindustrie ausgeschlossen worden waren. Als Walzerkrieg im Oktober 1933 in die Kinos kam, durfte auch der Name des kongenialen Drehbuchautors Robert Liebmann nicht mehr genannt werden. Dafür feierte die Berliner Morgenpost den Film am 6. Oktober 1933 als einen „Walzersieg“ und lobte die „meisterliche Regie Ludwig Bergers“. Der Regisseur zog sich danach ins Privatleben zurück, arbeitete in England, Frankreich und den Niederlanden. Den Holocaust überlebte er unter bislang weitgehend ungeklärten Umständen in Amsterdam. Sein Bruder Rudolf Bamberger und Robert Liebmann wurden beide in Auschwitz ermordet.
Einführung: Christian Rogowski (Amherst College, USA / CineGraph Babelsberg e.V.)
Am Freitag, den 7. Juli 2017 um 19 Uhr im Zeughauskino