Mareike Brans: Der romantische Vampir. Werner Herzogs NOSFERATU im Dialog mit Ludwig Tiecks Der Runenberg. Saarbrücken: Verlag Dr. Müller 2010, 92 Seiten, Abb.
ISBN 978-3-63926-877-5, € 49,00
Bei Mareike Brans’ Der romantische Vampir handelt es sich um eine Studienabschlussarbeit aus dem Bereich Neuere deutsche Literatur an der Freien Universität Berlin. Der im Titel angekündigte Dialog zwischen Werner Herzogs NOSFERATU – PHANTOM DER NACHT (1978) und Ludwig Tiecks Erzählung Der Runenberg (1804) wird von der Autorin inszeniert, weil sie Parallelen zwischen beiden Werken zu erkennen glaubt, die sich auf allgemeine romantische Motive sowie auf die Anlage der jeweiligen Hauptfiguren beziehen. Tatsächlich arbeitet Brans auf den folgenden rund 70 Seiten überzeugend heraus, dass Herzogs NOSFERATU etliche Anklänge an die Romantik aufweist wie den Aufbruch aus dem Alltag ins Ungewisse, der zu einer inneren Reise wird, die wiederum das Auftreten von Doppelgängern und poetische Selbstreflexionen hervorruft. Dabei geht Brans nach einem Dreischrittverfahren vor: Tiecks Erzählung ist romantisch; Herzogs Film weist ähnliche Motive auf; folglich ist er romantisch. Verschiedene Bezüge zu Bildern von Caspar David Friedrich illustriert Brans mit Screenshots aus dem Film. Aus filmwissenschaftlicher Sicht ist das Buch jedoch nicht von allzu großem Interesse, da die aus dem Vergleich entspringenden Erkenntnisse dem Verständnis von NOSFERATU keine neuen Impulse geben können: Dass Herzogs Spielfilme aus den 1970er Jahren romantische Motive aufweisen, ist unbestritten. Die Frage ist eher, welchen Stellenwert diese im Zusammenspiel mit all den anderen Ideen und Bildern in seinem Werk haben. Unverständlich bleibt zudem, warum Brans jüngere Standardwerke zu Herzog von Paul Cronin oder Brad Prager, in denen auf das Thema eingegangen wird, nicht herangezogen hat. Von diesen Einwänden abgesehen, kann Brans’ Studie allerdings mit erhellenden Beobachtungen und interessanten Details aufwarten. (Chris Wahl)
Chris Wahl ist mit seinem DFG-Projekt “Zeitlupe und Mehrfachbelichtung“ an der HFF „Konrad Wolf“ in Potsdam-Babelsberg angesiedelt. Im Juni 2011 erschien bei in der Edition text + kritik der von ihm herausgegebene Band Lektionen in Herzog – Neues über Deutschlands verlorenen Filmautor und sein Werk.
Filmblatt 45 – Besprechungen online
Veröffentlicht am 10.9.2011
Redaktion: Ralf Forster, Michael Grisko, Philipp Stiasny, Michael Wedel
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