Fritz Langs Meisterwerk des suspense, Spione von 1928, zeigt Vertrautes in neuem Gewand: einerseits Verfolgungsjagden wie in seinem Frühwerk Die Spinnen und Rudolf Klein-Rogge erneut als Superverbrecher à la Dr. Mabuse. Andererseits statt Monumentalität sachlich reduzierte Bauten. Statt aufwendig gestalteter malerischer Totalen effektvoll montierte nah kadrierte Bilder. Lang und seine Drehbuchautorin Thea von Harbou nutzen die genretypische elliptische Erzählweise, um den Reigen der Darsteller raffiniert zu choreografieren. Sie treiben ein intellektuelles Spiel mit dem populären Spionagegenre und verzichten auf Rätselaufgaben oder überraschende Enthüllungen: Haghi, der geniale Verbrecher stellt sich gleich zu Beginn des Films persönlich dem Zuschauer vor.
Eine deutsche Version, wie sie im März 1928 in der Berliner Uraufführung zu sehen war, muss als verloren gelten. In Form einer amerikanischen Kurzversion war der Film seit der Nachkriegszeit bekannt. Durch ihre Kürzungen wurde aus dem intellektuellen Spiel mit dem Genre ein typischer Genrefilm.
Seit den 1970er Jahren fand neben dieser Version eine Langfassung vorwiegend in Europa Verbreitung. Die narrative Struktur ist hier zwar überwiegend erhalten geblieben, doch wird die Montage des Films durch etliche Anschlussfehler korrumpiert. Recherchen der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung förderten zwei weitere Kurzfassungen zutage. Angesichts dieser schwierigen Überlieferungslage bestand das Ziel der Restaurierung darin, einen Kompromiss zwischen Bildqualität, Vollständigkeit und größtmögliche Annäherung an den Stil des Films zu erzielen.
Vor der Filmvorführung von Spione stellt Anke Wilkening, Filmrestauratorin der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, ihr Buch Filmgeschichte und Filmüberlieferung. Die Versionen von Fritz Langs Spione 1928 vor, das in der Reihe Filmblatt-Schriften von CineGraph Babelsberg erschienen ist. Wilkenings Untersuchung basiert auf drei zeitgenössischen Kopien unterschiedlicher Distributionen. Sie geht davon aus, dass Stummfilme bewusst in verschiedenen Versionen entstanden, um sie international absetzen zu können. In der Regel gedreht mit zwei Kameras, stellten die Produzenten eine große Anzahl „identischer“ Takes einer Einstellung her, aus denen sie gleich mehrere „originale“ Kameranegative für verschiedene Distributionen montierten. In ihrem Vortrag berichtet Wilkening auch von den wirtschaftlichen, technischen und künstlerischen Beweggründen für diese Varianten.
Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Zeughauskino und der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung
am 2.11.2011 um 19.00 Uhr: Buchvorstellung Eintritt frei
am 2.11.2010 um 20.00 Uhr: Filmvorführung. Klavierbegleitung: Peter Gotthardt