Schwarzer Kies (BRD 1961, R: Helmut Käutner, K: Heinz Pehlke, D: Helmut Wildt, Ingmar Zeisberg, Hans Cossy, Wolfgang Büttner) 117’ | ungekürzte Premierenfassung)
Film noir im Hunsrück. In SCHWARZER KIES gibt Helmut Käutner ein Zeitbild der bundesdeutschen Nachkriegsgesellschaft. Am Rande einer amerikanischen Militärbasis treffen Menschen aufeinander, die mit ihren Lebensentwürfen gescheitert sind. Der Lastwagenbesitzer Robert Neidhardt fährt heimlich illegale Kiesfuhren und lebt in den Tag hinein. Eines Tages taucht seine alte Liebe, nun die Frau des neuen amerikanischen Kommandanten, in dem kleinen Ort auf… – In seinem Film greift Käutner in einer Nebenhandlung den immer noch existierenden deutschen Antisemitismus an. Ein jüdischer Barbesitzer, ehemaliger KZ-Häftling, wird als „Saujude“ beschimpft. Anlässlich der Filmpremiere kommt es zum Skandal. Der Zentralrat der Juden protestiert, reicht Strafantrag ein, Käutner wehrt sich, der Verleih zieht den Film zurück. „Daß der Zentralrat der Juden so empfindlich reagierte, ist also nicht nur ein ‚unseliges Mißverständnis‘, wie Produzent und Regisseur rasch replizierten. Diese Antwort verkennt die erhöhte Verwundbarkeit der Betroffenen gerade zum gegenwärtigen Zeitpunkt, da ein deutscher Massenmörder in Jerusalem vor Gericht steht. Gerade jetzt ist die Atmosphäre zu sehr belastet, als daß die Bemerkung ‚Du Saujud’ (deren öffentliche Wiederholung jedes deutsche Gericht heute ahnen wird) unbeanstandet von der Leinwand schallen könnte.“ (Süddeutsche Zeitung, 20.4.1961). Käutner schneidet alle Szenen mit jüdischem Bezug heraus und mildert auch den dunklen Schluss ab. Wir zeigen die vor kurzem wiederentdeckte ungeschnittene Premierenfassung.
Einführung: Jeanpaul Goergen, in Vertretung für Ronny Loewy, Frankurt am Main
Kopie: Bundesarchiv-Filmarchiv (DigiBeta)
Am 9. Oktober 2009, 18.30 Uhr, im Zeughauskino