FRIDERICUS REX. 4. TEIL: SCHICKSALSWENDE (D 1923, R: Arzen von Cserépy, D: Otto Gebühr, Eduard von Winterstein, Alexander Granach, Karl Platen)
DIE RUHRSCHANDE (D 1923, Fragment)
UNTER FREMDEN JOCH. BILDER AUS DEM RUHRGEBIET (D 1923, Fragment)
Friedrich der Große steht in den frühen Jahren der Weimarer Republik im Mittelpunkt eines hitzigen Deutungskampfes um die deutsche Geschichte und ihre Mythen. In einer Zeit der Krise, der gefühlten Schmach und der Ruhrbesetzung durch die Franzosen verbinden die rechten Nationalisten mit Friedrich die Erinnerung an eine stolze, glorreiche Vergangenheit, an Macht und Wehrhaftigkeit. Den Republikanern und Linken gilt der preußische König dagegen als Symbol für Militarismus und Monarchie und damit als Feind der neuen demokratischen Staatsordnung. Als 1922 und 1923 die aufwendig produzierte, vierteilige Filmbiografie FRIDERICUS REX in die deutschen Kinos kommt, löst sie einen Skandal aus, spaltet das Publikum und die Kritik. Die einen fühlen sich provoziert durch die Verklärung der Vergangenheit, die anderen bejubeln das Werk als Ausdruck einer deutschen Filmkunst. Der vierte, für sich stehende Teil SCHICKSALSWENDE spielt während des Siebenjährigen Krieges und lässt sich als allegorischer Gegenentwurf zur Situation um 1918 verstehen: Nach vielen Niederlagen sind die preußischen Soldaten kriegsmüde und Friedrich mit den Nerven am Ende. Dennoch gelingt es ihm, seine Truppen aufzurütteln, die Zweifel zu beseitigen und mit dem Sieg in der Schlacht von Leuthen die Wende des Krieges einzuleiten. Der stets hellwache Victor Klemperer schreibt in sein Tagebuch: „Ein ganz unmilitaristischer Film. […] Das Publikum, das vorher in der Deuligwoche die Franzosen im Ruhrgebiet auspfiff, klatschte begeistert, so oft preußische Truppen stürmten, so oft Fahnen erschienen, so oft Friedrich als Feldherr vortrat. Aber es wurde in seinen nationalistischen Instincten von heute mehrfach gedämpft. […] Friedrich selber eine merkwürdige u. zwiespältige Gestalt. Absolut u. liberal, fragloser Eroberer u. Friedensfürst, Pessimist u. Mann der Staatsidee. – Als Filmschauspiel ein ganz großer Genuß.“ (20.5.1923)
Im Vorprogramm laufen die beiden dokumentarischen Kurzfilme DIE RUHRSCHANDE und UNTER FREMDEN JOCH, die die Ruhrbesetzung durch Franzosen und Belgier 1923 thematisieren und teils heimlich aufgenommene, teils gestellte Bilder aus dem Ruhrgebiet während dieser Zeit zeigen.
Einführung: Brigitte Braun (Universität Trier)
Kopien: Bundesarchiv-Filmarchiv
Am 6. März 2009, 18.30 Uhr, im Zeughauskino