Die überschlanke Gestalt, die ungewöhnliche Bassstimme und eine exzentrische Gestik sind ihre unverwechselbaren Merkmale. Im Berlin der 20er Jahre ist die 1900 in Konstantinopel von französischen Eltern geborene Margo Lion als Chansonnière und Schauspielerin ein Star der Kabarett- und Revueszene. 1933 emigriert sie nach Frankreich, wo sie eine zweite Karriere als Brecht-Interpretin einschlägt und in zahlreichen Kino- und Fernsehfilmen mitwirkt. Im Rahmen der Berliner Festwochen tritt sie 1977 noch einmal mit ihren Chansons in Berlin auf. Margo Lion stirbt 1989 in Paris. – Zwischen 1926 und 1932 ist Margo Lion auch in zehn Spielfilmen zu sehen. Es sind nur kurze Szenen, in denen sie als komisch-verrückte Type oder als Sängerin in Erscheinung tritt. Doch jeder Auftritt wird zum Ereignis. Unvergessen ihre Jenny in der französischen Fassung der 3-GROSCHEN-OPER (1931) von G. W. Pabst.
24 STUNDEN AUS DEM LEBEN EINER FRAU
D 1931, R: Robert Land, D: Henny Porten, Friedrich Kayssler, Margo Lion, Hermine Sterler, Maria Koppenhöfer, 76’
Drama nach der gleichnamigen Novelle von Stefan Zweig. Helga Vanroh hat sich nach dem Tod ihres Gatten ganz in sich zurückgezogen und verzehrt sich in ihrer Einsamkeit. Eines Tages wird sie im Kasino auf einen jungen Mann aufmerksam, der wie besessen und voller Verzweiflung seine Einsätze tätigt – und verliert. Da sie befürchtet, er könne sich etwas antun, folgt sie ihm des Nachts in sein schäbiges Hotel. Er verspricht ihr hoch und heilig, mit dem Spielen aufzuhören. Daraufhin gibt sie ihm Geld, damit er abreisen kann. Aber am anderen Tag trifft sie ihn wieder im Spielsaal an… – Die Fachpresse bewertet den Film durchgehend kritisch; der Film etwa bezeichnet ihn als „fades Gespensterspiel.“ Vor allem das Spiel der Hauptdarstellerin wird kritisiert: „Henny Porten, eindeutige Verkörperin alles Seelisch-Geraden, soll hier 24 Stunden Nervensensationen spielen. Gefühls-Triebe, das Tiefunten, ‚das dornendichte Gestrüpp des Herzens’. Unmöglich. Sie kann den Frieden ihrer Augen nicht verleugnen.“ (Film-Kurier). Heute überrascht die kluge Ausnutzung der Tonfilmmöglichkeiten, insbesondere in den ausgedehnten Szenen im Spielcasino – und natürlich „Margo Lion, die jeden Film belebt“ (Film-Kurier). „Eine reine Freude Margo Lion, die wieder einmal fahrig-mondän-klatschsüchtig eine Type par excellence auf die Beine stellte.“ (LichtBildBühne)
Kopie: Deutsche Kinemathek
Konzeption und Einführungen: Jeanpaul Goergen
Am 27. April 2008, 21.00 Uhr, im Zeughauskino