Unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkriegs leidet fast ein Drittel der Berliner Schulkinder an der Mangelkrankheit Rachitis. Knochentuberkulose gilt als häufigste Todesursache bei Jugendlichen unter 14 Jahren. In eindrucksvollen Bildern stellt der dokumentarische Film KRÜPPELNOT UND KRÜPPELHILFE (1920) das fröhliche Leben in der orthopädischen Klinik den katastrophalen Verhältnissen der Berliner Hinterhofwohnungen gegenüber. Doch neben all der inszenierten Leichtfertigkeit zeigt er auch den Drill, mit dem die Verwundeten des Ersten Weltkriegs bei Freiübungen geschult werden. Gedreht wird KRÜPPELNOT UND KRÜPPELHILFE auf dem weitläufigen Grundstück des Oskar-Helene-Heims für körperbehinderte Kinder im Grunewald. Der Film ist das Regie-Debüt des Arztes und späteren Leiters der Ufa-Kulturfilmabteilung Nicholas Kaufmann (1892-1970). Dieser erste abendfüllende Kulturfilm der Ufa markiert zugleich den Übergang der Ufa von einer Institution, die als Teil der Kriegspropaganda gegründet wurde, zu einem Instrument breit angelegter Kampagnen zur „hygienischen Volksbelehrung“ in den 1920er Jahren.
Einführung: Philipp Osten, Medizinhistoriker am Institut für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung in Stuttgart
Kopie: Bundesarchiv-Filmarchiv
15. Dezember 2006, Arsenal 2